Der Geschmack von Bourbon und Rye Whiskey
Der amerikanische Whiskey hat geschmacklich viel mehr zu bieten als nur eine süße, alkoholische Zutat für eine Cola zu sein. Zum Glück gibt es nämlich eine wachsende Anzahl an hochwertigen Bourbon und Rye Whiskeys aus den USA, die euch mit vielfältigen Aromenwelten erwarten. Wie man diese unterscheiden kann und wie sie entstehen, möchte ich euch in diesem Artikel kurz erklären.
Bourbon & Rye: Der geschmackliche Einstieg
Bei der Betrachtung der amerikanischen Whiskeys konzentriere ich mich auf die beiden wichtigsten Sorten, den Bourbon und den Rye. (Wer mehr über die beiden erfahren möchte, findet hier einen Artikel: Bourbon und Rye Whiskey: Was zeichnet amerikanische Whiskeys aus?)
Als Einstieg für die geschmacklichen Unterschiede können wir uns die drei Kategorien anschauen: Zusammensetzung der Maische (mash bill), Länge der Holzfasslagerung und Alkoholgehalt. Die Auswirkungen auf den Geschmack zeige ich beispielhaft anhand des milden, vanilligen, süßlichen Buffalo Trace Straight Bourbons und des würzigen, kräftigen und komplexen E.H. Taylor Straight Ryes.
Zusammensetzung der Maische (mash):
Getreide ist der Stoff, aus dem jeder Whiskey gemacht wird. Die enthaltene Stärke (Doppelzucker) wird im Herstellungsprozess zuerst in Einfachzucker (Glucose) und dann mit Hilfe von Hefen in Alkohol umgewandelt. Während in Schottland für einen Single Malt nur Gerste als Rohstoff benutzt wird, können amerikanische Brenner mit unterschiedlichen Sorten experimentieren, denn in den USA bestehen die Whiskeys je nach Stil aus einer Mischung aus Mais, Roggen, Weizen und Gerste. Weizen ist aber nicht nur für den Alkohol zuständig, sondern sorgt auch je nach Sorte für einen bestimmten Geschmack. Beim amerikanischen Whiskey ist die wichtigste Unterscheidung die zwischen Mais und Roggen.
Viel Mais (wie in einem Bourbon) sorgt generell für einen süßlicheren Geschmack. Viel Roggen (wie in einem Rye) sorgt hingegen für einen würzigeren, rauheren Geschmack.
Reifezeit im Holzfass:
Bourbon und Rye Whiskeys müssen in den USA in neuen (unbenutzten) Eichenholzfässern lagern. Diese werden vorher mit hoher Hitze ausgebrannt. Diese Methode sorgt dafür, dass der gelagerte Whiskey viele aromatische Stoffe aus dem Holzfass aufnimmt.
Zuerst sind dabei das Freisetzen von aromatischen Verbindungen zu nennen, die bereits im Holz (wie vanillige Noten) vorhanden sind. Dann entstehen durch das Auskohlen des Fasses weitere aromatische Verbindungen (rauchige, würzige, karamellige Noten). Zudem reagiert der Whiskey während der Lagerung mit Sauerstoff und aufgrund der Wärme (besonders im warmen Sommer in Kentucky) verdunstet Wasser, und der Whiskey wird alkoholhaltiger und konzentrierter. Der Teil, der verdunstet, heißt übrigens Angel‘s Share - schöner Name!
Je länger der Whiskey in dem Holzfass liegt desto intensiver werden die Holzaromen zu schmecken sein. Besonders in den USA, wo im Whiskey-Heartland Kentucky wesentlich höhere Temperaturen als z.B. in Schottland herrschen, werden die chemischen Reaktionen beschleunigt und die Aromenfreisetzung findet wesentlich schneller statt. Deshalb (und aufgrund der Benutzung von neuen Holzfässern) muss der amerikanische Whiskey nicht so lange reifen wie ein Scotch Whisky.
Alkoholgehalt:
Alkohol ist ein Geschmacksverstärker. Höhere Alkoholwerte verstärken die Aromen, die sich im Whiskey befinden. Zudem hat Alkohol selbst eine gewisse Schärfe, weshalb hochprozentige Whiskeys aromatisch komplexer aber auch wesentlich kräftiger schmecken.
Die Aromenwelt in Bourbon und Rye
Neben dieser ersten Abstufung kann man beim puren Genuss eines hochwertigen amerikanischen Whiskeys viele Aromen entdecken.
Laut dem Master-Blender Drew Mayville ist jeder gute Whiskey wie eine Geschichte: "Er hat einen Anfang, einen Mittelteil und ein Ende." Der Trinker sollte also eine geschmackliche Entwicklung beim Trinken feststellen, die sich vom ersten Riechen bis zum Nachgeschmack verändert.
Die Zuordnung von Aromen fällt vielen nicht so leicht, da das ungeübte Gehirn Schwierigkeiten hat, mit einem Schluck Whiskey Muskatnuss oder Feige zu assoziieren.
Zur Unterstützung sind hier einige typische Aromen, die oft in Bourbon und Rye vorkommen und die während der unterschiedlichen Produktionsschritte (der Maische, der Gärung, der Destillation und der Holzfassreifung) entstehen.
Süßliche Aromen: Vanille, Karamell, Honig, Lakritze und Butterscotch
Fruchtige und florale Aromen: Apfel, Birne dunkle Früchte (Feige, Rosine, Dattel), Zitrus und Rose
Würzige Aromen: schwarzer Pfeffer, Tabakblatt, Anis, Muskatnuss, Nelke und Zimt
Holzig-nussige Aromen: Eichen-, Zeder-, Pinienholz, Mandeln und Pecannuss
Und keine Sorge, wenn Ihr nicht gleich so viele unterschiedliche Aromen in den Whiskeys erspüren können, sondern vor allem den Alkohol.
Denn am Anfang nimmt man vor allem den Alkohol wahr, aber das geht mit etwas Übung weg. So eröffnet sich mit jeder Verkostungsrunde eine immer breitere Aromenwelt. Meine Empfehlung ist, Whiskeys immer mehrmals zu probieren. Ich habe das Gefühl, dass ich bei jeder Runde Neues entdecke.
In diesem Sinne bleibt neugierig!
Euer
Jörn Gutowski
Gründer, TRY FOODS