Was ist Cachaça?
Bei Cachaça denken die meisten wohl an mit Caiprinha getränkte Sommernächte. Aber mal Hand aufs Herz: Wer hat schon mal bei dem beliebten und erfrischenden Cocktail die benutzte Spirituose bewusst herausgeschmeckt? Dabei gibt es da viel zu entdecken, denn Cachaça ist ein äußert vielschichtiges Destillat.
Vielleicht liegt es an Corona und den damit verbundenen Reiseeinschränkungen, aber ich denke gerade sehr viel an vergangene Reisen. Und Cachaça erinnert mich an meinen Brasilienaufenthalt vor mittlerweile neun Jahren: An einen Shop in Ouro Preto, der über 100 verschiedene Sorten verkaufte, an kreative Cocktails mit Cachaça und heimischen Früchten und an einen Caipirinha auf der Spitze des Zuckerhuts.
Viele dieser Erinnerungen kamen hoch, als ich vor einigen Tag Besuch von Tassia Varani erhielt. Tassia brachte ihre beiden aus Brasilien importierten Cachaças mit, die wir gemeinsam verkostetene und uns ausgiebig über Cachaça unterhielten.
Was ist Cachaça?
Lasst uns mit ein paar Basics anfangen. Damit eine Spirituose Cachaça genannt werden darf, müssen nämlich einige Regeln befolgt werden:
- Cachaça muss in Brasilien hergestellt werden.
- Er muss aus dem frischen Saft des Zuckerrohrs hergestellt werden.
- Der Alkoholgehalt muss zwischen 38% und 48% liegen.
- Cachaça darf bis zu 30g Zucker pro Liter enthalten.
Somit ist schon mal klar: Einen Berliner Cachaça wird es nicht geben. Er muss immer aus Brasilien importiert werden.
Ist Cachaça Rum?
Eine Spirituose aus Zuckerrohr: Da denken viele natürlich an Rum. Und richtig, man könnte Cachaça als Mitglied der Rumfamilie zählen. Er ist quasi der brasilianische Neffe. Sein direktester Verwandter ist der aus französischen Überseegebeiten (wie Reunion oder Guadeloupe) stammende Rhum agricole. Dieser ist genau wie Cachaça aus dem frischen Saft des Zuckerrohrs, während eigentlich alle anderen Rumsorten aus Melasse (dem Sirup, der bei der Zuckerproduktion übrig bleibt). Bei Rum gibt es auch je nach Herkunft bestimmte Kriteiren, so dürfen bei bestimmten Rumsorten z.B. kein Zucker zugesetzt werden.
Ein weitere Überschneidung bei Rum und Cachaça ist, dass es beide in "weiß" (un- bzw. wenig gereift) und dunkel (in Holz gereifte) Varianten gibt.
Wie wird Cachaça hergestellt?
Wie andere Spirituosen auch, wird Cachaça durch Destillation gewonnen. Der Zucker aus dem Saft des Zuckerrohrs wird mit Hilfe von Hefen in Alkohol umgewandelt. Die alkoholische Mischung wird mit Hilfe von Destillationsanlagen verdampft, so dass das gewünschte Destillat von unerwünschten Stoffen getrennt werden kann. Wie bei allen Spirituosen gibt es auch bei Cachaça große qualitative Unterschiede wsa die Brennanlagen und das Wissen des jeweiligen verantwortlichen Brenners angeht.
Besonders wichtig bei Cachaça ist zudem die Lagerung und Reifung in Fässern. Hier kommen Dutzende verschiedene Holzarten ins Spiel, auf die die Produzenten zurückgreifen. Oft gibt es zudem sogenanntes "double aging" (doppelte Reifung) in zwei unterschiedlichen Fässern oder der Cachaça ist ein Blend aus Cachaças, die in unterschiedlichen Fässern lagerten. Somit hat ein Brenner laut Tassia "Hunderte von Optionen". Die Art des benuttzen Holzfasses hat einen großen Einfluss auf den Geschmack des Cachaças. So sorgen z.B. Fässer aus Amburana Holz für eine süßen, zimtigen Geschmack, der an Weihnachten erinnert, während eine Lagerung im Holz vom Jeuitibá Baum (Cariniana) ausgewogene Aromen zur Folge hat.
Was zeichnet einen guten Cachaça aus?
Die meisten Deutschen kennen wohl nur eine Cachaça-Marke, nämlich die mit der roten Krabbe auf dem Etikett. Dieser industriell hergestellte Cachaça ist aber pur ungenießbar. Apropos pur, hiermit kommen wir auch schon zu einem der wichtigsten Punkte, was einen guten Cachaça auszeichnet: Er schmeckt auch pur.
Ein junger, durchsichtiger (oder weißer) çCachaça sollte frisch und fruchtig nach dem Saft des Zuckerrohs schmecken. Bei den gereiften Varianten sollten die unterschiedlichen Reifenoten der ausgesuchten Fasssorten neben dem Zuckerrohrgeschmack deutlich präsent sein.
Cachaça der Marke Malandra
Wie ein guter Cachaça schmeckt, konnten meine Kollegin und ich bei de Verkostung mit Tassia von Malandra selber erfahren. Die Idee der neuen Cachaça-Marke reifte in Berlin, während der Cachaça, wie es sich gehört, in Brasilien produziert wird und reift. Hinter Malandra steht die aus Sao Paulo stammende Gründerin Tassia Varani. Seit vier Jahren lebt sie mittlerweile in Berlin. Bei ihrem deutschen Ehemann hat sich Tassia immer wieder beschwert, dass es keinen guten Cachaça in Deutschland gebe. Ihr Mann sagte irgendwann: "Dann hol doch guten Cachaça hier her."
Sie fing daraufhin an, die Marke Malandra mit ihrer ehemaligen Chefin, die die Stricke in Brasilien in der Hand hält, aufzubauen. Malandra bedeutet soviel wie unabhängige/freidenkende Frauen. Die beiden sind einige von wenigen Frauen, in der Cachaça-Industrie...
Nach vielen Gesprächen mit Cachaciers (brasilianische Cachaça Sommeliers) und Produzenten sowie vielen Verkostungen mit Bekannten in Deutschland, entschied Tassia sich mit einer kleinen Destillerie im Bundesstaat Minas Gerais zu arbeiten.
Ihren jungen Cachaça nennt Tassi "Cristal". Er liegt zuerst sech Monate im Stahlfass und dann ein Jahr im Cariniana-Fass. Das Fass gibt allerdings keinerlei Farbe ab, so dass der Cristal komplett durchsichtig ist.
Die gereifte Sorte Sorte heißt "Oak", was auf die einjährige Lagerung im Eichenfass verweist. Zuvor darf der Oak genau wie der Cristal sechs Monate im Stahl und ein Jahr im Cariniana-Fass ruhen.
Der Oak ist sehr lecker. Er ist sehr rund und harmonisch. Neben der Fassnoten (Vanille) schmeckt man weiterhin die fruchtigen Zuckerrohr-Noten. Da ich gerade recht viel fassgelagerte Spirituosen teste, bin ich aber gerade mehr vom Cristal beeindruckt. Dieses Geschmacksprofil hat mich wirklich positiv überrascht. Dieser frisch-fruchtige Geschmack vom Zuckerrohr ist sehr besonders und versetzte mich gleich in die tropischen Gefilde Brasiliens.
Brasilianische Cachaça-Kultur
Cachaça hat eine extrem lange Geschichte mit vielen Hochs und Tiefs. Es ist nämlich die erste Spirituose, die in Südamerika hergestellt wurde und zwar bereits seit 1532!
Die Achterbahnfahrt, was die Popularität und das Ansehen von Cachaça angeht, hat viel damit zu tun, wie die Brasilianer*innen lokale vs. importierte Produkte gesehen wurden. In manchen Phasen (z.B. zu Zeiten der Unabhängigkeit) waren Produkte aus Brasilien schwer angesagt, während in anderen Phasen die Bevölkerung (gerade die wohlhabende) besonders europäische Produkte bevorzugte.
Noch heute ist die Beziehung der Brasilianer*innen zu ihrem Nationalschnaps laut Tassia gespalten. Zum Einen gibt es eine riesige Vielfalt mit über 1000 Labels und vielen hochwertigen Sorten, zum Anderen steht Cachaça auch in Brasilien oft für billigen Schnaps und für Überkonsum.
Es gibt heute auch eine sehr lebendige Cachaça-Szene in Brasilien, aber es gibt nicht so viele junge Günder*innen, die eigene Destillerien öffnen. Viele interessierte, innovative Leute eröffnen lieber Craft-Bier-Brauereien. Warum? Cachaça ist ist nicht einfach. Am braucht viel Zuckerrohr, weshalb man am besten eigene Zuckerrohrfelder besitzt, die richtige Desillation bzw. die Reifung benötigen viel Wissen und Erfahrung un last but not least muss man lange warten, bis man den Cachaça, insbesondere die gereiften Sachen, verkaufen kann.
Wie trinkt man Cachaça am besten?
Ja, natürlich im Caipi, ABER das ist bei weitem noch nicht alles. Tassia hat uns noch weitere Ideen mit auf den Weg gegeben.
1. Guten gereiften Cachaça sollte man unbedingt pur genießen: Auch mit den weißen Sorten probieren.
2. Cachaça mit Eiswürfeln aus Kokoswasser: Tassia schwört darauf.
3. Cachaça mit Tonic: Gin aufgepasst - auch Cachaça tanzt wunderbar mit einem Tonic.
4. Okay, im Caipirinha: Neben dem Limetten-Klassiker solltet ihr aber laut Tassia mal einen Kiwi-Caipi probieren!
Mit Cachaça, dem brasilianischen Rum-Neffen, gibt es also viel zu entdecken Gerade in den Zeiten von Corona, kann man so eine kleine aromatische Reise nach Brasilien unternehmen.
In diesem Sinne, bleibt neugierig
Euer
Jörn
Gründer. TRY FOODS