Meeresalgen: Lecker oder nur gesund?

 

 

Wir probieren heute ein Lebensmittel, das gerade als Ernährungs-Wunderwaffe in den Medien kursiert: Meeresalgen!

 


Algen - Superfoods aus dem Meer


Als Superfoods werden Lebensmittel bezeichnet, die den Ruf haben, eine besonders hohe Nährstoffdichte zu besitzen. Während einige Superfoods sehr exotisch (= weite Transportwege) und sehr rar (= teuer) sind, so sind Algen, die es in ca. 10.000 Arten gibt, in allen Weltmeeren in großen Mengen zu finden. Und Algen sind in der Tat extrem nährstoffreich. Sie sind voll gepackt mit pflanzlichen Proteinen, Mineralstoffen und Vitaminen und werden laut vieler Experten in Zukunft einen wichtigen Teil der Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung spielen.

Der einzige offensichtliche Nachteil ist, dass einige Algenarten einen sehr hohen Jodanteil besitzen. Jod ist in kleinen Mengen für den Menschen extrem wichtig, aber der übermäßige Konsum kann zu gesundheitlichen Schäden führen (Schilddrüsenüberfunktion).

Die Aufmerksamkeit der Medien hat unsere Neugier geweckt. Wir wollen uns heute Algen genauer anschauen und verschiedene Sorten probieren.

Für die Verkostung kommt für mich erleichternd dazu, dass ich ein großer Fan von Lebensmitteln aus dem Meer bin, ganz egal, ob Fisch, Meeresfrüchte oder eben Algen. Allerdings verbinde ich bisher Algen fast ausschließlich mit der japanischen Küche: Nori-Blätter als Teil der von mir geliebten Sushi-Rollen oder von Onigiris (Reisbällchen) oder auch der Wakame als Salat oder als Einlage in Misosuppe.


Die Meeresalgen im Geschmackstest


Für unsere kleine Algen-Verkostung stehen heute die folgenden Sorten vor uns:

Nori: Die Rotalge Nori wird traditionell vor der Küste Japans kultiviert. Meist wird die Alge nach der Ernte zerkleinert, in hauchdünne Blätter gepresst und geröstet. Die Nori-Blätter werden dann zum Einrollen der Maki-Sushi Rollen verwendet. Rotalgen haben übrigens einen niedrigeren Jodanteil als Braunalgen.
Dulse: Die aus dem Atlantik stammende Rotalge hat ebenfalls einen vergleichsweise niedrigen Jodanteil. Die Dulse in unserer Verkostung stammt aus der spanischen Provinz Galizien. Sie kann sowohl roh als auch gegart gegessen werden.
Meeressalat: Normalerweise wird die Alge Meerlattich als Meeressalat bezeichnet. Meerlattich ist eine Grünalge, die besonders in Frankreich beliebt ist, wo sie zum Marinieren von Fisch oder als Umhüllung beim Dünsten sowie als Zutat in Salat, Suppe oder Gebäck verwendet wird. Unser verkosteter Meeressalat ist nicht nur Meerlattich, sondern eine Mischung in der ebenfalls Dulse und Nori sind. Meerlattich hat übrigens einen relativ hohen Jodgehalt.
Meeresspaghetti: Meeresspaghetti sind Braunalgen. Sie wachsen an der ganzen europäischen Atlantikküste. Ihre lange, dünne Form erinnert in der Tat an Spaghetti oder Tagliatelle. Die Meeresalge wird zudem auch Riementang bezeichnet. Man kann Meeresspaghetti kochen, dünsten oder auch auch scharf anbraten, so dass sie knusprig werden. Der Jodgehalt der Braunalge ist mäßig und liegt zwischen dem von Rot- und von Grünalgen.
Wakame: Neben Nori ist Wakame die wohl wichtigste japanische Speisealge. Die aufgrund ihres würzigen Geschmacks beliebte Braunalge wird seit einiger Zeit auch erfolgreich an der europäischen Atlantikküste kultiviert. In Japan wird Wakame traditionell z.B. in Misosuppen gemischt.
Wie auch bei unserer Verkostung werden Algen meist getrocknet angeboten. Somit beginnt der Zubereitungsprozess mit dem Einweichen der Algen, bevor man sie entweder kalt in Salate mischen oder in Suppen kochen oder mit Gemüse dünsten kann.


Algen probieren


Wie immer geht es uns primär um den Eigengeschmack der verkosteten Produkte, weshalb wir die Algen nur in Wasser dünsten und/oder mit etwas Sesamöl anbraten.

Unsere beiden Favoriten im Geschmackstest sind die Nori-Blätter, die wir in der Pfanne ohne Öl kurz rösten, und die Dulse-Alge. Nori überzeugt mit angenehmen Röstaromen, die an Sesam erinnern. Dulse hat einen guten Biss und einen tiefen Umami-Geschmack, der uns positiv überrascht.

Die Meeresspaghetti dagegen entwickeln beim Kochen einen so intensiven Geruch, dass meine Kollegin Maria den Raum verlassen muss. Gekocht sind sie recht lasch und die Konsistenz zu weich (auch wenn wir sie kürzer als in der Anleitung kochen). Besser gefallen sie uns, nachdem wir sie kurz in Sesamöl anbraten. Nun sind sie schön kross und der Geschmack des Meeres verbindet sich mit den Röstaromen auf eine angenehmere Art und Weise.

Der Meeressalat fällt komplett durch. Vielleicht haben wir die fein geschnittenen Meeresalge zu lange eingeweicht, aber nach kurzem Dünsten lösen sie sich fast auf. Der Geschmack ist zudem leicht muffig und unangenehm.

Die Wakame sind geschmacklich solide. Sie begeistern nicht, sind aber okay. Für uns stellen sie vielleicht den "normalen" Algen-Geschmack dar, der uns aus japanischen Gerichten bekannt ist.



Fazit: Funktion oder Geschmack


Als wir überlegen, welches Fazit wir aus der Verkostung ziehen, stellen wir uns die Frage, welche Algen bei uns in Zukunft auf dem Teller landen werden. Dies bringt uns zu der Frage, wie wir generell entscheiden, was wir essen. Für mich geht die Entscheidung immer über den Geschmack und erst danach über die mögliche Funktion des Essens. Der Grund meiner Skepsis gegenüber der Superfood-Welle ist deshalb auch, dass hier Essen anhand der (scheinbaren) Funktion ausgewählt wird. Frei nach dem Motto: "Ich sollte das essen, weil es angeblich gut für mich ist."

Wenn ich allerdings bewusst auf meinen Körper höre und darauf achte, was ihm schmeckt und gut bekommt, lande ich meiner Meinung nach automatisch bei einer ausgewogenen und leckeren Ernährung.

Nach diesem kleinen Exkurs kommen wir nun wieder zu den Algen zurück: Mein Fazit ist, dass ich auf jeden Fall öfter mit der Dulse-Alge experimentieren möchte und diese in Pastagerichte und mit Fisch probieren werde. Zudem wurde ich daran erinnert, wie sehr ich japanisches Essen mag und dass ich unbedingt mal wieder eine Misosuppe kochen sollte; gerade jetzt bei den kalten Temperaturen draußen!