Essig-Geschichte: Wer hat Essig erfunden?

Geschichte vom Essig

Da viele bei traditioneller Essigherstellung an den Balsamico di Modena denken, könnte man annehmen, dass die Heimat des ersten Essigs Italien sein könnte. Allerdings ist es beim Essig unmöglich zu bestimmen, wer bzw. wo Essig auf der Welt erfunden hat.

 

Essig ist ein Naturprodukt

Da Essig ohne Zutun des Menschen organisch entstehen kann, ist es nicht möglich, von der „Erfindung” oder vom „ersten Essig” zu sprechen. Wissenschaftler gehen aber davon aus, dass Menschen an unterschiedlichen Orten der Welt bereits vor ca. 10.000 Jahren Essig benutzt haben.

Essig entstand sehr oft ungewollt aus Wein oder anderen alkoholischen Getränken. Da die Weinbehälter nicht luftdicht waren, kam es zur Essiggärung und der Wein kippte um. Das Wort für Essig geht sowohl im Englischen (vinegar) als auch im Französischen (vinaigre) auf das Wort Wein zurück und belegt, woraus Essig damals vor allem entstand.

 

Essig in der Antike: Ein Allzweckmittel

Neben der Nutzung als Lebensmittel – so mischten z.B. römische Soldaten ein stärkendes Getränk aus Essig, Eiern und Wasser – wurde Essig von jeher auch als Konservierungsmittel benutzt. Da Salz in der Antike sehr kostbar war und nur an bestimmten Orten abgebaut werden konnte, war Essig eine günstigere und allerorts verfügbare Alternative. Essig stellte man nämlich nicht nur aus Wein her, sondern auch aus Datteln oder Feigen, die in heißen und trockenen Regionen wuchsen oder auch aus Gerste oder Äpfeln, die in gemäßigten Klimaregionen vorkamen.

Aus Überlieferungen lässt sich erschließen, dass die Menschen in der Antike generell weitaus saurere Speisen gegessen haben, als wir es heute tun.
„Säurebakterien konnten sich damals viel besser verbreiten, weil es z. B. keine Kühlung wie heute gab. Von daher war es ein ganz natürlicher Prozess, dass Lebensmittel einfach sauer geworden sind, wie bei Milch oder auch Obst und Gemüse.“

Saure Lebensmittel gehörten somit zum täglichen Leben. So war es auch gar nicht so schlimm, wenn ein Wein versehentlich zu Essig umgekippt war. Anstatt ihn zu trinken, wurde er einfach in der Küche benutzt. In der Antike gab es aber auch bereits Essige, die aus exquisiten Zutaten hergestellt wurden. Diese Essige spielten in der Haute Cuisine römischer Höfe eine sehr wichtige Rolle. Für lukullische Essgelage der feinen Gesellschaft wurden teure Essige aus dem gesamten Mittelmeerraum importiert.

 

Essig als Heilmittel

Essige wurden nicht nur als Lebens- und Konservierungsmittel geschätzt, sondern auch als Heilmittel. Zu Zeiten der Pest im Mittelalter genoss Essig den Ruf, vor Ansteckung zu schützen, weshalb viele Menschen in Pestgebieten in Essig getränkte Baumwolltücher über dem Mund trugen oder Geldstücke, die den Besitzer wechselten, mit Essig abrieben.

 

Die Geschichtes des Balsamico-Essigs

Die Geschichte des Balsamico-Essigs geht auf das Jahr 1046 zurück. In diesem Jahr erhielt der in Italien reisende Kaiser Heinrich III. ein kleines Fass als Geschenk. Die heute für den Aceto Balsamico Tradizionale di Modena bekannte Methode des eingekochten Traubenmosts als Ausgangsmaterial ist allerdings vergleichsweise jung. Sie geht auf das Jahr 1861 zurück, als der Anwalt Aggazotti die Herstellungsweise zum ersten Mal einsetzte (weitere Infos zum Balsamico auf S. 26).

Essiglagerung bei Gölles

 

Orléans: Ein frühes Zentrum der gewerblichen Essigherstellung

Neben Italien war auch Frankreich als Essighersteller früh bekannt. Während Essige über viele Jahrhunderte überwiegend häuslich hergestellt worden waren, trat zum ersten Mal im 14. Jahrhundert um die Stadt Orléans in Frankreich ein Essiggewerbe in Erscheinung. Diese Essige wurden schnell bekannt und nach ganz Europa verschifft. Die damals benutzte Oberflächen-Essiggärung wird deshalb bis heute als Orléans-Verfahren bezeichnet.

 

Technologische Entwicklungen für die Essigherstellung

Das 19. Jahrhundert lieferte weitere wichtige Erkenntnisse für die Herstellung von Essigen. So fand der französische Chemiker und Mikrobiologe Louis Pasteur im Jahr 1846 heraus, wie Essigbakterien Alkohol in Essigsäure umwandeln. Die Ergebnisse seiner Forschungen waren maßgeblich für die Entwicklung der kommerziellen Essigherstellung verantwortlich. Pasteur entdeckte bei seinen Untersuchungen mit Weinen und Essigen ebenfalls, dass man diese Flüssigkeiten durch Erhitzen haltbar machen konnte. Die nach ihm benannte Pasteurisierung ist uns heute vor allem bei Milchprodukten bekannt.

 

Essigbenutzung vor 100 Jahren

Noch vor hundert Jahren wurde Essig viel mehr als heute zum Kochen benutzt, aber auch als Erfrischungsgetränk war verdünnter Essig bis Anfang des 20. Jahrhunderts beliebt. Dafür mischte man Essig, Wasser und ggf. Zucker und fügte der Mischung eine Prise Natron hinzu. So bekam man den Vorläufer der Brauselimonade. Denn Essig treibt die Kohlensäure aus dem Natron und lässt die Flüssigkeit sprudeln.

 

Essig heute

Insgesamt essen viele Menschen in unseren Gefilden heute viel weniger säurebetont. Oft wird Säure als etwas Unangenehmes wahrgenommen. Dabei kann man mit einem guten Essigs und der richtigen Dosierung einem Gericht den richtigen Schliff geben. So sagt der Berliner Sternekoch Michael Kempf zum Beispiel:

„Essig erzeugt in meiner Küche stets einen eleganten Spannungsbogen, macht meine Gerichte bekömmlicher und animiert durch die feine Säure die Geschmacksknospen meiner Gäste.“

Dass Essig viel mehr kann als nur eine Zutat für ein Dressing zu sein, erfahrt ihr mit dem TRY Essig Probierset, mit dem ihr fünf außergewöhnliche Essigsorten und ein 60-seitiges Booklet mit vielen Infos und Tipps rund um das Thema Essig erhaltet. 

In diesem Sinne, bleibt neugierig!

Euer
Jörn Gutowski